DWTH
Dynamische Wirbelsäulentherapie
Grundbegriffe
Die dynamische Wirbelsäulentherapie (DWTH) stellt eine Alternative zur Chirotherapie dar. Der Aufbau erfolgt vom Becken aus. Die Iliosacralgelenke (ISG) nehmen dabei eine zentrale Stellung ein.
Der Tastbefund erfasst Fehlstellungen am Becken und der Wirbelsäule mit dem Ziel, hypo- von hypermobilen Bewegungssegmenten zu unterscheiden.
Der Sichtbefund erfasst Fehlhaltungen, insbesondere einseitig muskulär fixierte
Eine Therapie stellt sich vor
Seit 1978 wird mit der dynamischen Wirbelsäulentherapie eine spezielle Art der Bewegungstherapie gelehrt. Als - die Gesamtstatik der Wirbelsäule beeinflussende - bewegungstherapeutische Massnahme findet die DWTH bei Masseuren, Krankengymnasten und Aerzten immer mehr Interesse.
Die dynamische Wirbelsäulentherapie kommt nicht aus der Chirotherapie oder Chiropraktik und hat nichts gemeinsam mit diesen Therapiearten. Bei der DWTH wird nur versucht, normales Gelenkspiel der Becken- und Wirbelgelenke durch Mobilisation im normalen Gelenkbewegungsraum wiederherzustellen.
Die dynamische Wirbelsäulentherapie ist ein sanftes Therapiesystem zur Behandlung der verschiedenen statischen und funktionellen Veränderungen am Becken und der Wirbelsäule wie auch der sekundären Beschwerden und Krankheitsbilder, die durch Störungen, von der Wirbelsäule ausgehend, entstehen können
Elemente der DWTH
Die dynamische Wirbelsäulentherapie besteht aus speziellem, hieraus entwickeltem
- Tastbefund
- Befund durch Messung
- Sichtbefund
- Funktionsbefund und
- aus befundspezifischem passivem Mobilisieren inaktiver Iliosacralgelenke.
- passiver - eine Autoreposition bewirkende - lockernder Schwingbewegungsmassage.
- befundspezifischem passivem Mobilisieren verblockter Wirbelgelenke und Dehnen des vertebralen Bandapparates.
- aktiven Übungen für den Patienten zur Veränderung von Fehlhaltungen und Bewegungen. Eventuell notwendiger passiver, aktiver und reflektorischer Skoliosebehandlung.
- einer funktionellen und symptomatischen Schmerztherapie und damit verbundener Funktionsverbesserung durch Nutzung von Reflexen, die durch muskuläre Anspannung sowie der Reizung bestimmter Ohr-, Schädel- und Körperreflexzonen erzeugt werden.
Grundsätze der DWTH
Hypomobiles am Bewegungssystem des Beckens und der Wirbelsäule erkennen und mobilisieren, um hypermobil Kompensierendes (Schmerzhaftes) zu entlasten.
Erst wenn die Normalisierung einer eventuell gestörten Beckenstatik erreicht wurde, kann an der Wirbelsäule erfolgreich behandelt werden (z.B. die so wichtigen Atlas-Axis-Gelenke).
Befund bei der dynamischen Wirbelsäulentherapie
Lokalisation eines verblockten ISG
Die erste Frage bei der DWTH lautet (und muss durch Tastbefund beantwortet werden): „Auf welcher Seite des Beckens befindet sich ein verblocktes Iliosacralgelenk?“ Die Lage des Os coccygis hilft, dieses WO zu beantworten.
Bei einem verblockten ISG, egal in welchem Endbewegungsraum, zeigt das Steissbein, bedingt durch kontrakte Bänder und Muskeln, meist zu der Seite, auf welcher das blockierte ISG sich befindet. Beim seitlichen Palpieren des Os coccygis von der Basis bis zur Spitze fällt dann auf, dass einseitig mehr Raum zum Lig. sacrotuberale besteht als auf der anderen Seite
Endbewegungsräume blockierter ISG
Die zweite Frage, welche sich bei dieser Arbeit dem Therapeuten stellt, ist folgende: In welcher Endbewegungsstellung ist das ISG blockiert? Dieses WIE zeigt die Lage der Sitzbeinhöcker zueinander an. Beim Betasten der Sitzbeinhöcker fällt bei einer ISG-Blockade auf, dass jener, auf dessen Seite die Blockade im ISG sich befindet, dorsal oder ventral zu seinem Gegenüber liegt. Von dem ISG dieser gegenüberliegenden Seite kann angenommen werden - und wird durch Tastbefund überprüft -, dass dieses nicht ebenfalls in Gegenrotationsrichtung verblockt ist und sich somit als freibewegliches Gelenk unbelastet in Normal-Null-Stellung (NON) befindet. Steht also das Os coccygis nach rechts, so ist die Stellung dieses Tuber ischiadicum als von seiner NON abweichend anzusehen, da das ISG dieser Seite ja, wie beschrieben, verblockt ist
Zusammenfassung
- Die Steissbeinlage zeigt die Beckenseite an, auf welcher eine blockierte ISG ist.
- Die Stellung der Sitzbeinhöcker zeigt die Richtung des Endbewegungsraumes des ISG bei einer Blockade an.
Lateralverschiebung
Als dritte Beckenfrage stellt sich die nach einer eventuellen Lateralverschiebung beider Hüftbeine. Dabei scheint der Tuber ischiadicum des von der Mittellinie abgewichenen Os coxae beim Tasten scheinbar caudal zu dem des Gegenüberliegenden überzustehen. Das Röntgenbild zeigt hier den genaueren statischen Befund: Es liegt eine Symphysenverschiebung vor, das Os pubis befindet sich dabei caudal zu dem der Gegenseite.
Beinlängendifferenz, siehe Link Beinlängen
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Hypo- und hypermobile Bewegungssegmente der LWS und BWS
Durch Tastbefund werden die Abstände der Dornfortsätze des jeweiligen Wirbelsäulenabschnittes (unterteilt in LWS, untere BWS, obere BWS) miteinander verglichen.
Dabei liegt der Patient bereits auf dem eigens für die DWTH entwickelten Therapie-Kissen nach Horn, welches eine entspannte Lagerung bei leicht kyphosierter Wirbelsäule ermöglicht. Durch diese Kyphoselagerung fächern die Dornfortsätze nach hinten etwas auf, die dorsalen Bänder der Wirbelsäule werden dabei etwas gedehnt, wodurch sich hypo- und hypermobile Bewegungssegmente zwischen einzelnen Wirbeln leicht ertasten lassen.
Dornfortsätze von Wirbeln mit hypomobilen Bewegungssegmenten zueinander weichen infolge kontrakter Bänderspannung wenig auseinander, die den hypermobilen Bewegungssegmenten zugehörigen Dornfortsätze weichen weiter als die der übrigen Wirbel auseinander, bedingt durch die ständige Überdehnung bei Bewegungen als Folge der Hypermobilität des stärker gedehnten und weniger festen Bandanteils.
Von diesen Segmenten ausgehend zeigen sich auch die meisten vertebragenen, lokalen und peripheren Schmerzen durch Überlastung. Unter Nutzung dieses Effektes werden die so palpierten Wirbelabstände und -verlagerungen mit einemHautstift auf dem Patientenrücken markiert.
Rotierte und nach dorsal verlagerte Wirbel
Ebenso wie beschrieben, lassen sich auch Wirbelverlagerungen in Rotation gegeneinander und bei einer Retrolisthesis in dieser entspannten Kyphoselage ertasten und markieren.
Ventralisierte Lendenwirbel
Sie finden sich sehr häufig bei Patienten, welche einen eng umschriebenen Schmerz im lumbo-sacralen Übergangsbereich angeben und/oder bereits neurologische Ausfallerscheinungen in den unteren Extremitäten beschreiben. Ebenso kann es bei Ventralisation im unteren LWS-Bereich beispielsweise bei männlichen Patienten zu Prostatabeschwerden kommen. Beim Betasten am kyphosiert gelagerten Patienten ist dabei eine Ventralverlagerung von Wirbelkörpern über die Lage der Dornfortsätze von L4 oder L5 im Vergleich zu L3 und dem Os sacrum feststellbar. Das Röntgenbild zeigt hier bei einer Seitenaufnahme ebenfalls die Ventralverlagerung des betreffenden Wirbels.
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Beinlängendifferenzen
Beinlängendifferenzen und deren Ursachen sind ebenfalls von Bedeutung.
Beinlängendifferenzen können durch die von ihnen hervorgerufenen Störungen des gesamten statischen Systems zahlreiche Schmerzsymptome und Funktionsstörungen auslösen. Zum Beispiel zeigen sich auf der Seite des längeren Beines häufig mediale Kniegelenkschmerzen, da der Fuss und der Unterschenkel zur Kompen-
sation beim Stehen und Gehen nach aussen rotieren. Generell kann eine solche Bein- längendifferenz (BLD) Beschwerden von den Füssen bis zum Kopf zur Folge haben.
Zwei Ursachen können das Bild der Beinlängendifferenz ergeben:
- Die Anatomische Beinlängendifferenz, bedingt durch anatomische Unterschiede beider Beine.
- Eine funktionelle Beinlängendifferenz als eine vorgetäuschte BLD, welche durch die Blockade eines ISG entsteht, wobei sich die Stellung der Ossa coxae zueinander verschiebt durch Gegenrotation um die Transversalachse im ISG (Iliosacralgelenk) und dadurch die Hüftgelenkpfannen unterschiedlich zum Promontorium wie zum ganzen Becken stehen.
Es gibt, je nach Endstellung des blockierten ISG, auf der Seite der ISG-Blockade die Möglichkeiten des funktionell kürzeren bzw. längeren Beines im ISG = längeres Bein (jeweils bei anatomisch gleich langen Beinen). Bei einer AP-Röntgenaufnahme können beide Möglichkeiten der BLD, die anatomische und die funktionelle BLD, vorhanden sein. Da das Bild der Aufnahme im Stand nur die Abstände der Fermurköpfe zum Bildunterrand zeigt und bezüglich einer anatomischen BLD aussagekräftig ist.
Messen der Beinlängen
Bei der Therapie ist es äusserst wichtig zu unterscheiden, welcher Art eine Beinlängendifferenz im jeweiligen Fall ist.
Zur genauen Unterscheidung der beiden Möglichkeiten von Beinlängendifferenzen werden die Beinlängen zweimal, vergleichend nach funktioneller und anatomischer Ursache, gemessen. Die Bestimmung von Differenzmassen bei Beinlängenmessungen durch ausschliessliches Messen von der Spina iliaca ant. sup. zu den Innenknöcheln sollte ebenso der Vergangenheit angehören, wie das Abschätzen durch Händeauflegen auf die Crista iliaca, das Unterlegen von Brettern oder ähnlicher Gegenstände. Bei diesen Methoden weiss niemand, ob eine anatomische oder eine funktionelle BLD vorliegt, ob eine die andere gar verstärkt oder kompensatorisch aufhebt. Das alles ist möglich. Diese beschriebenen Messmethoden sind nur dann als mehr oder minder genau zu betrachten, wenn das Becken gerade ist, d.h., dass beide ISG frei beweglich sind, also das Steissbein gerade stehend und die Sitzbeinhöcker auf Gleichstand sind, doch dies findet sich selten ohne eine darauf abgezielte Behandlung
Eine relativ genaue Möglichkeit der Beinvermessung ist das Messen von möglichst zwei Punkten links und rechts jedes Trochanter majors zu den inneren Malleolen. Hierbei wird jedoch eine mögliche anatomische Fehlstellung der Schenkelhälse aus-ser acht gelassen. Nach dem Mobilisieren eines oder beider verblockter ISG mit dem Ergebnis eines in sich entwrungenen Beckens kann auch vom Os sacrum zu den medialen Malleolen vergleichend gemessen werden.
Wurden mögliche Ursachen für eine BLD gefunden und zu beseitigen versucht, so werden am speziell gelagerten Patienten die Stellungen einzelner Wirbel zueinander bestimmt.
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